Wer hätte das gedacht. Vom Lieferdienst zum eigenen Restaurant, und das im Speedy-Gonzales-Tempo. Naja, alles hat seine Vor- und Nachteile.
Bis vor zwei Monaten haben wir mit einem externen Cateringpartner zusammengearbeitet. Die einzelnen Arbeitsprozesse in der Küche waren für uns nicht bis ins Detail sichtbar. Wir sahen den Koch, den Food und dann wie er diesen anrichtete. Dadurch, dass der Koch nicht ein «richtiges» Teammitglied war, oder sich nicht als solches identifizierte, war die Zusammenarbeit es ab und an schwierig. Vielleicht lag es auch gerade an unserem unvollständigen Verständnis für all die Details, die hinter den Küchen-Kulissen geschahen.
Jetzt, da wir eine eigene Produktionsküche haben, bekommen wir alle Details zu sehen. Auch wenn sie noch so winzig sind. Jedes Küchenutensil, dem du nachrennen musst, jedes Desinfektions- und Abwaschmittel, dass du aussuchen musst, jede Zutat, die du bestellen musst. Und wenn das nicht reibungslos funktioniert, dann must du «secklä». Oder du lässt den Velokurier mit deiner Bestellung kommen und bezahlst doppelt.
Noch sensibler finde ich die Personalfrage. Wir haben drei Teammitglieder bei uns angestellt. Schnell stellst du dir Fragen: Wer willst du sein? Wie willst du wirken? Hast du überhaupt eine Wahl auszusuchen, wer zu sein möchtest? Eher de strenge aber faire Chef. Eher der easy-going lockere Typ? Naa… Bei uns ist niemand Chef – habe ich immer wieder gesagt. Das setzt allerdings voraus, dass alle Beteiligten mitdenken, mitwirken, mitschreiben etc. Bei diesem Ansatz muss sich jeder auf jeden verlassen können. Und genau hier wird es schwierig.
Ich persönlich erwarte sehr viel von meinen Mitmenschen, meinen Teamkolleginnen und Kollegen. Ich erwarte das, was ich selber bereit bin zu geben. Falsch. So gibt es praktisch immer Enttäuschungen, gefolgt von Trauer und Wut.
Es kann nicht sein, dass wir Cateringangebote jedes Mal aufs Neue ausarbeiten und keine Ahnung haben, was es uns kostet. Wie wollen wir den Gewinn berechnen? Es muss doch möglich sein, vom zuständigen Mitarbeiter ein fixes Angebot inkl. Preisliste zu verlangen? Es kann nicht sein, dass ich zwei Monate auf alles warten muss. Wie soll ich mit den Kunden verhandeln? Wie soll ich ihnen etwas offerieren? Geht nicht. Challenge hier – verschiedenes Verständnis von Schnelligkeit und Priorisierung der Angelegenheiten. Nicht zu vergessen: Wir stehen alle in einer Abhängigkeit zu einander. Wie ein Zahnrad. Stockt ein Rädchen, dann funktioniert das ganze System nicht mehr.
Ramona, Chris und ich haben in den letzten 1.5 Jahren praktisch alle Arbeitsprozesse durchgearbeitet. Unser Gehirn hat angefangen auf Hochtouren zu arbeiten, hat angefangen schneller zu vernetzen, was mit wem zusammengehört, wie was gemacht wird, was es für Alternativen geben kann. Wir haben diskutiert, gestritten, verstanden, versöhnt und vergeben – so sind wir an uns selber gewachsen, so sind wir vorwärtsgekommen. Dennoch erfüllen auch wir nicht immer unsere eigenen Erwartungen.
Neu Teammitglieder müssen uns noch kennenlernen. Sie werden lernen, wie wir funktionieren, worauf wir Wert legen, wo es Ernst gilt und wo Lockerheit angebracht ist. Und umgekehrt. Wir lernen immer wieder neue Denk- & Arbeitsweisen durch unsere Teammitglieder und merken, es geht auch anders. Schliesslich führen wir gemeinsam ein Food-Unternehmen. Hier geht es um echtes Essen und echte Kunden. Und wenn sich der Ansatz «Niemand Chef. Alle Chef» nicht eingliedern kann, weil sich niemand verantwortlich fühlt, gibt es halt einen Chef. Oder mehrere.
Cheers,
Bela