DIE GESICHTER DER ALUMNI HWZ
- Nicht nur das Bruttonationalglück gefunden
- Startup-Gründung mitsamt Finazierungsrunde – ein Best_Practice-Beispiel
- Agile Strategieentwicklung – Freitag, Abacus & Co. zeigen, wie es geht
- 3 MINUTEN mit Luis Mata, Sales Director Sappi Europe
- Die Events von FH Schweiz – jetzt anmelden!
- Wir stellen vor …
Nicht nur das Bruttonationalglück gefunden
INTERVIEW MIT GYAMTSHO TSHERING
AUTOR: MIKE GADIENT
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er ehemalige HWZ-Student Gyamtsho Tshering hat in seinem Heimatland Bhutan sein eigenes Unternehmen gegründet. Was berichtet der Sohn des ehemaligen Premierministers von Bhutan über seine Zeit in Zürich und seine aktuelle Arbeit im Binnenstaat in Südasien?
Gyamtsho, was können die Schweiz und Bhutan voneinander lernen?
Gyamtsho Tshering, BSc-Absolvent 2015: Das ist eine sehr gute Frage (lacht). Die Schweizer müssen sich ein wenig mehr entspannen und die Bhutaner müssen lernen, disziplinierter zu arbeiten. Der Reichtum der Schweiz hat dazu geführt, dass hierzulande hart für den Erfolg gearbeitet wird. Die Bhutaner wiederum sehen das Glück aufgrund des Bruttonationalglücks als selbstverständlich an. Wir hatten und haben grosse visionäre Führer. Könige, die dazu bestimmt waren, das Land voranzubringen. Das Konzept des Bruttonationalglücks, das von unserem vierten König ins Leben gerufen wurde, ist immer noch der Richtwert unserer Entwicklungspolitik. (a.d.R.: Das Bruttonationalglück definiert den Lebensstandard in Bhutan nicht nur durch die Einnahmen, sondern auch nach dem persönlichen Wohlbefinden und der inneren Zufriedenheit.)
Beschreibe bitte das Land des Donnerdrachens und seine Bevölkerung.
Bhutan ist ein kleines Binnenland, das zwischen den zwei Giganten Indien und China liegt. Wir sind bestrebt, uns zu entwickeln und mit den fortgeschrittenen Nationen mitzuwachsen. Wir aber gehen jeden Schritt nach vorn mit Bedacht. Als armes Land verwalten wir das, was wir haben und investieren in unser eigenes Volk. Die Menschen in Bhutan sind von Natur aus fröhlich und unbeschwert. Wir können immer das Gute in allem sehen. Aber wir sind auch Meister der Diplomatie, wie die Schweizer. Das ist notwendig, denn es ist keine leichte Aufgabe, die Beziehungen mit zwei sehr ehrgeizigen Nachbarländern zu pflegen.
Du selbst hast zwischen 2011 und 2015 an der HWZ in Zürich studiert. Was empfiehlst du all jenen, die ein Auslandsstudium planen?
Seid offen für Erfahrungen und seid euch bewusst, dass jede Kultur anders ist. Und erwartet nicht, dass das zu einem früheren Zeitpunkt erworbene Wissen automatisch angewendet werden kann. Wie ein Chamäleon zu agieren, ist aus meiner Sicht nützlich. Es hilft zwar, sich an die neue Umgebung anzupassen, aber wie bei allen Chamäleons sollte das wahre «Ich» nie in Vergessenheit geraten. Achtet auf euch selbst und erhebt eure eigene Stimme. Lasst euch nicht von äusseren Faktoren ablenken oder beeinflussen.
Pflegst du die damals an der HWZ geschlossenen Freundschaften noch heute?
Ich habe Freunde gefunden, die wie eine Familie für mich sind. Zu Beginn haben die kulturellen Unterschiede und die Sprachbarriere meine Sicht auf die Schweiz stark beeinträchtigt. Ich erinnere mich gerne daran, wie mich meine Freunde damals unterstützten. Noch etwas mehr als der Unterrichtsstoff an der HWZ prägen mich die gesammelten Erfahrungen, die einzigartig und entscheidend für meinen Werdegang sind. Ich durfte mit vielen jungen und aussergewöhnlich intelligenten Kollegen studieren, die mittlerweile in verschiedenen Positionen erfolgreich arbeiten. Diese Kontakte haben mir sehr beim Aufbau meines persönlichen Netzwerks geholfen.
Im Januar 2022 hast du in Bhutan die Orog Group gegründet. Es handelt sich dabei um eine Firma, die in verschiedenen Branchen tätig ist. Unterem anderem in der Reisebranche, auch werden Veranstaltungen organisiert und Investitionen ausserhalb von Bhutan getätigt. Was gefällt dir an deinem derzeitigen Berufsleben?
Ich hätte nie gedacht, dass ich in meinem Heimatland einer richtigen Arbeit nachgehen und mich wieder hier niederlassen werde. Ich bin so zufrieden, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Die Orog Group wächst immer noch und das gibt mir die Möglichkeit, verschiedene Geschäftsfelder zu erkunden. Auch lerne ich Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund kennen. Das Wichtigste für mich ist jedoch, dass ich jetzt bei meiner Familie bin. Die Familie war während meinem Auslandaufenthalt jenes Puzzleteil in meinem Leben, das fehlte.
Du hast dein eigenes Unternehmen mitten in einer Pandemie gegründet…
Glücklicherweise haben sich die Länder ausserhalb Bhutans viel schneller geöffnet, was uns eine gewisse Atempause verschafft hat. Obwohl wir nach und nach zur Normalität zurückkehren, halten wir an Zoom-Calls und einem flexiblen Arbeitszeitmodell fest. Das bedingt gegenseitiges Vertrauen. Ich persönlich durfte über ein Jahrzehnt lang in verschiedenen Ländern und unter verschiedenen Persönlichkeiten arbeiten. Letztendlich sind wir alle Menschen, die fair behandelt werden wollen. Wer seine Mitarbeitenden positiv führt und ihnen Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigt, wird belohnt.
Der einzige HWZ-Absolvent aus Bhutan
Kriminalpsychologie? Politikwissenschaft? Soziologie? Vor dieser Wahl stand Gyamtsho Tshering, als er sein geisteswissenschaftliches Studium im indischen Darjeeling abschloss. Er bewarb sich an unzähligen Hochschulen und erhielt letztlich die Möglichkeit, an der HWZ betriebswirtschaftliche Fächer zu besuchen. Eine Chance, die es in Anbetracht der wachsenden Wirtschaft und der florierenden Banken in seinem Heimatsland Bhutan zu packen galt. Zwischen 2011 und 2015 studierte der heute 31-jährige Tshering an der HWZ – bis heute ist er der einzige HWZ-Absolvent, der aus Bhutan stammt.
Nachdem er den Bachelor-Studiengang «Business Administration and Management» erfolgreich abschloss, arbeitete er für die Schindler AG mit Sitz in Ebikon LU. Das auf Aufzüge spezialisierte Traditionsunternehmen liess ihn sogar an einem vierjährigen Talentprogramm in London teilnehmen. «Schindler hat einen besonderen Platz in meinem Herzen», sagt Tshering. Er schätzt es noch heute, dass er damals als junger Erwachsener in einer global tätigen Firma mitwirken und sich weiterentwickeln konnte. «Diese Erfahrungen waren entscheidend und bilden die Grundlage für meine heutige Arbeitsweise, meine Engagements im Ausland und dafür, wie ich mein Arbeits- und Privatleben selbst organisiere.»
Seine Reise führte ihn im Sommer 2019 von Schindler zu T&B Media Global, einer Investmentfirma innerhalb der Unterhaltungsbranche. Für diese ist er noch heute von Bhutan aus tätig. «Ich bin gesegnet, dass ich in einem Teilzeitpensum immer noch aktiv im Ausland arbeiten darf. So bleibe ich auf dem Laufenden – das inspiriert.» Als Sohn des ehemaligen Premierministers von Bhutan, Tshering Tobgay, ist es sich Gyamtsho Tshering gewohnt, global zu denken. Sein Vater kennt Bundesrat Alain Berset (SP) sehr gut und ist mit Alt-Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz (FDP) noch heute befreundet. «Die gegenseitigen Terminkalender sind selbstverständlich voll, aber wenn sie sich treffen, nutzen sie die Gelegenheit noch immer, um sich auszutauschen», berichtet Gyamtsho.
Die HWZ und Bhutan, das ist eine Beziehung, die nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt hält. Gemeinsam mit ihrem ehemaligen Prorektor Prof. Dr. Urs Dürsteler unterstützt die HWZ das lokal organisierte Weiterbildungsprogramm «Bhutan Middle Management Hotel Program». Gyamtsho sagt darüber: «Ich bin zwar nicht persönlich involviert, aber es ist eine hervorragende Sache. Das Programm gibt Bhutanern und Schweizern die Möglichkeit, zu interagieren, zu lernen und Ideen auszutauschen.» Er ist sich sicher, dass das Programm für weitere Erfolgsgeschichten verantwortlich sein wird, die in seinem Heimatsland geschrieben werden. Genauso, wie er gerade selbst seine eigene erlebt.
Startup-Gründung mitsamt Finanzierungsrunde – ein Best-Practice-Beispiel
VON MIKE GADIENT, INTERVIEW MIT STEFAN KÄSTLI, CO-GRÜNDER VON HUPERTY
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as Startup Huperty bietet eine cloudbasierte Software für das Immobilienmanagement an. Das Ziel: Effizienteres Arbeiten und bessere Vernetzung der Parteien. Gründer Stefan Kästli erzählt im Interview, wie die Idee während des Studiums entstand, wie Expansionspläne gelingen und wie in einer weiteren Finanzierungsrunde erneut Geldgeber überzeugt werden konnten.
Stefan, man sagt, die besten Ideen für ein Startup werden aus Alltagssituationen geboren.
Stefan Kästli, Gründer Huperty: Als der Kurs «Entrepreneurship» im Rahmen unseres HWZ-Bachelorstudiums in Betriebsökonomie anstand, mussten wir uns mit einem defekten Storen in unserer Wohnung herumschlagen. Wir haben bemerkt, dass wir die Schadenmeldung nicht mieterfreundlich aufgeben konnten. Mit der Verwaltung war es umständlich und mit den Handwerkern ebenso. Wir fragten uns: Wie könnte man das besser und effizienter gestalten – für Mietende, aber auch für Verwaltungen und Dienstleister?
Du hast das Problem zum Projekt gemacht. Die Lösung: Eine cloudbasierte Plattform, um Prozesse zu automatisieren und digitalisieren und um alle Parteien rund um die Immobilie einzubinden. Die Bewirtschaftung, Mieter- und Eigentümerschaft sowie Handwerkerbetrieb können ihre Aufträge und Anfrage überblicken. Nach der Gründung im Jahr 2019 werden nun bereits Expansionspläne ins Ausland geschmiedet – weshalb?
Wohnen tut man immer und überall. Die Bedürfnisse verändern sich nicht, nur weil jemand in Lausanne, Zürich, Wien oder München wohnt. Die minimalen Unterschiede liegen eher in rechtlichen, begriffstechnischen und buchhalterischen Aspekten. Die Schwierigkeit bei einer Expansion ins Ausland oder nur schon in andere Landesteile in der Schweiz liegt in der Anfangsphase eines Startups vor allem darin, dass auch potenzielle Produktfehler mitskaliert werden. Diese rasch zu beheben ist bei einem international agierenden Business schwieriger. Die Kernfrage bei einer Expansionsstrategie ist aber eine andere…
Welche?
Das Stichwort lautet «Time to Market». Wenn wir mit unserer Lösung nicht auf den Markt kommen, dann machen es vielleicht zehn andere Firmen mit einem weniger guten Produkt – aber schneller. Deshalb ist es ratsam, auch eine Lösung anzubieten, die erst 80 Prozent aller Bedürfnisse abdeckt. Die restlichen 20 Prozent optimiert man dann lieber sukzessive nach dem Go Life, statt im stillen Kämmerlein.
Du hast erst kürzlich neue Investoren für dich gewonnen, die bereit sind, Millionen zu investieren. Wie werden solche Finanzierungsrunden erfolgreich gemeistert?
Liquidität ist unser Sauerstoff, weshalb die verschiedenen Finanzierungsrunden frühzeitig aufgegleist werden müssen. Wir wollen aufzeigen, dass wir Monat für Monat an Professionalität zulegen. Dabei ist es für potenzielle Investoren entscheidend, wie wir diese Zwischenetappen erreicht haben. Investoren muss man folgendes beantworten können: Weshalb lohnt es sich, in unsere Geschäftsidee zu investieren? Wo wollen wir mit Huperty hin? Hat man das Vertrauen in das Team und die Vision? Wofür wird das erhaltene Kapital eingesetzt? Wir beantworten diese Fragen ganz konkret damit: «Sie investieren in gesundes Wachstum.» Beispielsweise wird das Sales Team erweitert und die nächsten Schritte in der Romandie und im Tessin sollen mit Hilfe der finanziellen Unterstützung umgesetzt werden.
Gegründet hast du das Startup gemeinsam mit Eric Lochau und Christoph Finale. Euch verbindet eine jahrelange Freundschaft, die euch mitunter auch gemeinsam an die HWZ führte. Wie wichtig ist es, sich bei der Gründung eines Startups gegenseitig vertrauen zu können?
Vertrauen ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn du mit erfolgreichen Unternehmern sprichst, wird aber auch immer rasch über die Verantwortlichkeiten diskutiert und wie wichtig es ist, diese von Anfang an zu klären. Wir haben gewusst, wo unsere jeweiligen Stärken und Kompetenzen liegen. Diese widerspiegeln sich zum Beispiel in den gewählten Forschungsfragen der Bachelorarbeiten an der HWZ.
Was wurde untersucht?
Wir nutzten die Bachelor-Thesis, um unsere Idee zu vertiefen. Christoph Finale beleuchtete die «Sales & Marketing»-Perspektive unseres Vorhabens. Eric Lochau befasste sich mit der Thematik «Product Development» und ich kümmerte mich um die rechtlichen Aspekte mit Fokus auf den Datenschutz (inkl. DSGVO). Wir haben während unseren Recherchen gemerkt, dass das Bedürfnis nach unserer Lösung gross ist.
Das Studium an der HWZ wurde also wie ein roter Faden fürs Startup genutzt? Zuerst die Semesterarbeit im Kurs, dann die Bachelor-Thesis…
Der Verlauf des Studiums war enorm wertvoll, denn es war nicht so, dass wir mit der fixen Vorstellung gestartet sind, ein Startup zu gründen. Im Kurs «Entrepreneurship» haben uns auch die Gastdozenten motiviert, die unter anderem offen über ihre Misserfolge sprachen. Wir fragten uns, was wir anders machen würden. Die Bachelor-Thesis war dann insofern praktisch, weil man sich mit Experten als Student austauschen konnte. Wenn wir von Beginn weg als potenzieller Konkurrent betrachtet worden wären, wären sie wahrscheinlich nicht so auskunftsfreudig gewesen. Ebenso half das HWZ-Netzwerk, zum Beispiel die Swiss Startup Factory. Wir konnten rechtliche Fragen und mehrere Pitch Decks mit ihnen besprechen.
Wie entscheidet man einen Pitch für sich?
Indem man den Inhalt einfach hält und verständlich bleibt. Nützlich ist ebenso, wenn man zwei verschiedene Versionen des Pitch Decks hat. Einem versierten Immobilieninvestor präsentiere ich unsere Geschäftsidee anders als einem reinen Finanzinvestor. Zudem stellt sich vor jedem Pitch die Frage, wie viele Informationen ich preisgeben will. Wenn die Thematik auf Interesse stösst, kann ich in einem zweiten Schritt immer noch weiterführende Informationen zeigen. Und wissen Sie, was noch besser funktioniert als PowerPoint Slides?
Verrate es mir bitte.
Eine Produktedemo. Slides sind geduldig und man kann den Zuhörenden sehr viel versprechen. Wir zeigen während einer Finanzierungsrunde klar auf, was wir schon umgesetzt haben, was markttauglich ist und was bereits von Kunden erfolgreich eingesetzt wird. Eine beliebte Frage ist, ob es das Unternehmen in drei Jahren noch gibt. Ein bis zwei namhafte Kunden helfen hier als Referenzgeber. Uns hilft es ausserdem, dass einzelne Kunden bereits die dritte Saison bei uns dabei sind und auch Neukunden von Huperty schwärmen.
www.huperty.ch
Agile Strategieentwicklung – Freitag, Abacus & Co. zeigen, wie es geht
VON BURCU ANGST
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trategieentwicklung in nur 48 Stunden». Dies versprechen Sybille Sachs, Leiterin Institut für Strategisches Management: Stakeholder View HWZ, und Matthias Mölleney, Leiter des Center for Human Resources Management & Leadership HWZ, mit der von ihnen entwickelten Methode «Strategie Hackathon». Diese Methode erlaubt Unternehmen, eine innovative und zukunftssichernde Strategie in nur zwei Tagen zu entwickeln. Daniel Freitag, Mitgründer Freitag.lab AG, Yvonne Seitz, Head Human Resources Abacus, und Sarah Keller, Direktorin Bevölkerungsamt Stadt Zürich, berichteten am vergangenen Event von ihren Erfahrungen zum Thema Strategie.
Trotz wunderbaren Sommertemperaturen fanden im Juni über 70 Personen den Weg an die HWZ. Die Teilnehmenden erfuhren am Event «Strategie Hackathon» in drei Input-Referaten vieles über agile Methoden, weshalb kompetenzbasierte Entscheidungen Sinn ergeben und wieso eine offene Fehlerkultur Unternehmen weiterbringt. Sybille Sachs, Leiterin Institut für Strategisches Management: Stakeholder View HWZ, und Matthias Mölleney, Leiter des Center for Human Resources Management & Leadership HWZ, führten durchs Programm und erklärten zu Beginn, was es mit dem Strategie Hackathon auf sich hat. Dank ihrer Methode ist es für Unternehmen möglich, in nur zwei Tagen grundlegende strategische Richtungen und Innovationen schnell zu initiieren. Die sieben Schritte dazu erklären sie im Podcast. Das dazugehörige Buch wurde kürzlich veröffentlicht und kann als E-Book bestellt werden.
Agile Strategieentwicklung – Erfolgsfaktor Team
Daniel Freitag, Mitgründer Freitag.lab, macht klar, dass er nicht an der HWZ ist, um seine Erfolge zu feiern, obwohl diese sehr beachtlich sind. Vielmehr will er darauf eingehen, wie wichtig das Team ist, wenn es um die agile Strategieentwicklung geht. 2016 führte Freitag Holacracy ein und hat es bis heute beibehalten. Viele Leute interpretieren flache Hierarchien als Chaos. Bei Freitag sei das Gegenteil eingetroffen. Seit der Einführung von Holacracy sei das Unternehmen strukturierter als je zuvor. Gemäss Daniel Freitag ist der richtige Weg, um Entscheidungen zu treffen, der Beratungsmodus. Hierbei geht es um gegenseitige Beratung und Expertise. Bei der Firma Freitag zählt daher die Hierarchie der Kompetenz. Mit dem Wort Consent umschreibt Freitag zudem den Prozess der Zustimmung:
«Ich muss nicht jeden Entscheid lässig finden. Ich würde es anders machen, aber ich muss mich nicht wehren – safe enough to try»
Zum Schluss ging Daniel Freitag auf das zirkuläre Businessmodell ein. Auch da versucht die Firma Freitag eine Vorreiterrolle einzunehmen, indem sie ihre Vision von der Lastwagenplane zur Tasche und wieder zurückdenkt. Hierfür braucht es laut Freitag ein Zusammenspiel aller Player auf der Wertschöpfungskette, damit die Kreislaufwirtschaft vollständig und erfolgreich ist.
Individuelle Stärken stehen im Vordergrund
Yvonne Seitz, Head Human Resources Abacus, stellt das Unternehmen vor und betont, dass trotz mittlerweile über 400 Mitarbeitenden die Vision und der Groove der drei Gründer, ehemalige HSG Absolventen, deutlich spürbar ist. Abacus ist bekannt für ihre Softwareprodukte. Ziel der Produkte ist, dass Technologie Mehrwert bringt und durch effizientere Prozesse den Nutzer:innen mehr Zeit schenkt. Dass dieses Versprechen den Kund:innen gegenüber auch im Unternehmen verankert ist, ist eine Sache des richtigen Mindsets und der richtigen Haltung der einzelnen Mitarbeitenden.
Yvonne Seitz ist seit einem Jahr bei Abacus und schätzt die Firmenkultur ihres Arbeitgebers sehr:
«Bei Abacus ist Diversity nicht ein Programm, sondern eine Haltung.»
Der Fokus liege darauf, neugierig zu sein und zu bleiben, Neues auszuprobieren und aus Fehlern zu lernen. Dazu liefert Abacus ein inspirierendes Umfeld, in welchem Menschen das Beste aus sich herausholen können. Laut Yvonne Seitz ist Abacus keine durchstrukturierte Firma, sondern mehr ein Ort, an welchem sich die Mitarbeitenden entfalten und ihre individuellen Stärken einbringen sollen, sodass immer wieder Platz für neue Ideen da ist. Daher ist neben den fachlichen Fähigkeiten auch der «Cultural Fit» wichtig, ebenso wie das Verständnis, dass für eine innovative und auf Respekt basierende Unternehmenskultur jede und jeder Mitarbeitende wichtig ist.
«Eine Firma ohne Kultur ist einfach eine Firma.»
Claudio Hintermann, CEO Abacus, zitiert von Yvonne Seitz.
Umsetzung à la BVA
Sarah Keller, Direktorin vom Bevölkerungsamt der Stadt Zürich, absolvierte vor drei Jahren zum ersten Mal den Prozess des Strategie Hackathons. Sie ging auf die Umsetzung der Massnahmen ein. Was vor drei Jahren noch ein Hackathon für das Gesamtunternehmen war, wird nun pro Abteilung durchgeführt und hat beim BVA den Namen «Zukunftswerkstatt» erhalten. Für Sarah Keller ist zentral, dass die Strategie täglich gelebt wird und ein regelmässiger Austausch zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen stattfindet. Die Umsetzung der Strategie wird dabei regelmässig hinterfragt und überprüft. Gemäss Keller hat sich in diesen drei Jahren viel verändert beim BVA. Die Mitarbeitenden sind viel offener gegenüber Veränderungen geworden und haben ein grösseres Vertrauen, dass es gut kommt.
Erfolgsfaktoren und Stolpersteine laut Sarah Keller:
- Lösungen werden gemeinsam erarbeitet
- Es geht nicht um die Rollen, die Mitarbeitende haben, sondern um die Ideen
- Kompetenzbasiert ist wichtiger als Top-down oder Bottom-up
- Bei Projekten wird mit Zwischenschritten gearbeitet (sind kleiner als Meilensteine)
- Erfolge feiern – dies gibt den Mitarbeitenden Motivation
- Fehlerkultur etablieren
- Transparente Kommunikation
Die Vision vom BVA ist, dass alle Mitarbeitenden, vom Bestattungsfahrer bis zur Zivilstandesbeamtin, die Vision kennen und alle wissen, dass sie etwas bewirken können, unabhängig ihrer Stufe.
Erfahrungsbericht Studierende
Zum Schluss berichteten Laura Oderbolz, Studentin MAS Business Communications HWZ, und Lazar Prodanovic, Student MSc Business Administration HWZ, wie sie den Strategie Hackathon im Rahmen des Unterrichts erlebt haben. Für Laura Oderbolz waren drei Dinge zentral:
- Der Hackathon hilft nicht nur der strategischen Ausrichtung, nein, er ist auch fürs Teambuilding relevant
- Nebst deinen fachlichen Kompetenzen steht im Strategie Hackathon auch deine Persönlichkeit im Mittelpunkt
- Der Hackathon inspiriert, Dinge umzusetzen
Für Lazar war es besonders wertvoll, dass er den Hackathon am Beispiel seines Start-ups durchführen konnte. Die sieben Schritte haben ihm dabei sehr geholfen, diese Ausrichtung zu strukturieren. Die Inputs seiner Mitstudierenden gaben ihm zudem wertvolle Hinweise für die Zukunft.
3 MINUTEN
MIT LUIS MATA, SALES DIRECTOR SAPPI EUROPE
VON GIOVANNA LOTITO
Du bist seit 22 Jahren im gleichen Unternehmen. Hast du nie den Drang gespürt für ein anderes Unternehmen zu arbeiten?
Ich hatte das Glück, dass ich zwar vor 22 Jahren bei meinem jetzigen Arbeitgeber angefangen, aber dort die Möglichkeit bekommen habe, in verschiedenen Funktionen und Hierarchien tätig zu sein. Schwerpunktmässig hatte ich immer mit Finanzen zu tun, konnte aber auch Einblicke in andere Bereiche wie Verkauf, Einkauf, IT, HR und Produktion erhalten. So gesehen nahm ich alle 3 bis 4 Jahre neue Herausforderungen an. Dies war für mich ähnlich, wie wenn man ein Unternehmen wechseln würde.
Bei der Cham Paper hast du im Finanzbereich angefangen und bist jetzt im Internationalen Verkauf bei Sappi tätig. Wie kam es dazu?
Nach meinem Start im Finanzbereich bekam ich nach ca. 14 Jahren die Möglichkeit, als Sales Director im Verkauf tätig zu sein. Ich schätzte dabei die Interaktion mit Menschen und die Möglichkeit, neue Produkte und Märkte aufzubauen. Ich stellte zudem fest, dass ein Finanzbackground im Verkauf von Vorteil war. Am Ende geht es immer darum, dass man als Sales Director die Profitabilität der Kunden, sowie des Unternehmens steigern muss. Diese konnte ich dank meinem Finanzknowhow erfolgreich umsetzen, da ich die Möglichkeiten des Unternehmens genau kannte.
Als im Jahr 2018 Sappi die Cham Paper gekauft hat, war ich CFO der Gruppe. Diese Position war bei Sappi schon besetzt und der Finanzbereich in Brüssel angesiedelt. Da ich meinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz behalten wollte, bekam ich die Möglichkeit, wieder in den Verkauf einzusteigen.
Du konntest die M&A Transaktion der Cham Paper und Sappi begleiten. Was fandest du besonders faszinierend?
Ich war zur Zeit der M&A Transaktion CFO und daher hauptverantwortlich für den ganzen M&A Prozess für Cham. Es ist faszinierend, dass man in einem M&A Prozess das eigene Unternehmen nochmals von einer anderen Seite kennenlernt. Zudem hat man Interaktionen sowohl mit internen Kollegen wie auch mit externen Partnern. Der Druck während der Zeit ist immer sehr hoch und man muss andere Projekte, auch Privates zurückstellen, aber mit einem guten und eingespielten Team schafft man dies gemeinsam. Bei uns haben alle involvierten Personen von Anfang an voll mitgezogen und wir konnten die Informationswünsche der Käufer immer zeitnah erfüllen.
Du hast sowohl in einem KMU wie auch in einem internationalen Konzern Erfahrungen gesammelt. Was sind deiner Meinung nach die wesentlichen Unterschiede
Meiner Meinung nach gibt es wesentliche Unterschiede. Bei KMU’s hat man die Möglichkeit, viel enger mit der Unternehmensstrategie in Berührung zu kommen. Die Hierarchien sind flach und wenn man sich proaktiv engagiert, hat man immer die Möglichkeit, bei wichtigen Projekten mitzumachen. Generell ist man bei einem KMU eher ein Generalist und man muss auch einige Themen selbst erarbeiten oder mit externen Partnern besprechen.
Bei einem Konzern ist es umgekehrt. Entweder ist man für einen Teilbereich verantwortlich oder man fungiert als Experte und betreut ein Thema in der vollen Tiefe. Das Schöne ist, dass man im Konzern viele Experten im eigenen Haus hat und es immer interessant ist, sich mit denen auszutauschen. Für Leute, die gerne international arbeiten, Englisch sprechen und allenfalls mobil sind, ist ein internationaler Konzern sicher interessant.
Du hast vor vielen Jahren an der HWZ das Betriebsökonomie Studium abgeschlossen. Wie hat das Studium deine Karriere gefördert?
Das Studium hat meine Karriere sehr gefördert. Ich glaube nicht, dass ich heute ohne das Studium dort wäre, wo ich bin. Generell den meisten Nutzen aus dem Studium zog ich im vernetzten Denken. Am Ende ist es nicht matchentscheidend, ob man das Knowhow in den einzelnen Bereichen hat, sondern die einzelnen Aspekte miteinander verbinden kann und die richtige Strategie implementiert. Das Studium und die einzelnen Arbeiten haben dieses Vorgehen unterstützt. Auch der Austausch mit Kollegen war wichtig, weil wir im berufsbegleitenden Studium viele praktische Beispiele sahen.
Welche Tipps möchtest Du HWZ Studierenden auf den Weg geben, die innerhalb einer Firma Karriere machen möchten?
Zum einen soll man passende Angebote seitens des Unternehmens bejahen, auch wenn man das Gefühl hat, keinen Schritt vorwärts, sondern seitliche zu machen. Ich habe festgestellt, dass man am Anfang investieren muss, um nachher davon zu profitieren. Man sollte auch an neuen Projekten interessiert sein und gleichzeitig sein Netzwerk aufbauen. Generell habe ich festgestellt, dass Unternehmen, die in eigene Mitarbeiter investieren, eine langfristige Planung haben und diese auch weiterentwickeln möchten.
Lieber Luis, herzlichen Dank für das tolle Interview und für Deine Zeit. Weiterhin von Herzen alles Gute und viel Inspiration in Deinem beruflichen und privaten Leben.
Die Events von FH SCHWEIZ – jetzt anmelden!
VON GUY STUDER
A
uch der Dachverband FH SCHWEIZ hat mittlerweile wieder zum Courant normal zurückgefunden. Unsere beliebten Events finden in gewohntem Rahmen statt, was wieder inspirierende Gespräche bei einem Bier oder Glas Weisswein ermöglicht.
Also verpasse nicht die Gelegenheit, dabei zu sein. Nächster Termin ist unser «FH-Netzwerktreffen» vom 8. September an den SwissSkills in Bern. An den Berufsmeisterschaften vom 7. bis 11. September wird unser Dachverband wieder als Bildungspartner präsent sein und organisiert 66 Führungen mit FH-Botschafter:innen, die dabei inspirierende Einblicke in ihren eigenen Werdegang geben. Und als gänzlich neues Format finden erstmals die Schweizermeisterschaften in Entrepreneurship statt. Acht Teams mit jungen Menschen in der Berufsbildung (Lehre oder bereits FH) haben sich für das Finale qualifiziert. FH SCHWEIZ ist als Mitinitiatorin der IG EntrepreneurSkills auch hier an vorderster Front bei der Organisation mit dabei.
Am 30. September steht dann unser mittlerweile drittes online-Update an, wo ihr euch über unsere bildungspolitischen sowie weitere Themen informieren könnt.
Und eine «grosse Kiste» wird wiederum der 6. Nationale Bildungspreis, wie immer verliehen von unserer Stiftung FH SCHWEIZ und der Hans Huber Stiftung. Diesmal findet die Übergabe am 15. November in Siders VS statt.
Anmeldungen unter www.fhschweiz.ch/events
Wir stellen vor ...
VON THOMAS HÜBNER
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nser Vorstand verändert sich immer wieder, je nach Lebensphasen und Interessen verabschiedet sich jemand oder stösst neu dazu.
Carline und Thomas sind im Frühling dazugestossen, gerne stellen wir sie an dieser Stelle vor.
Mein Name ist Carline Staub und ich studiere seit September 2021 Betriebsökonomie im Bachelor an der HWZ. Nebenbei arbeite ich im Career Development der Boston Consulting Group. Ich engagiere mich gerne im Vorstand der alumni HWZ, da ich ein akademisches Netzwerk für unglaublich wertvoll halte.
Was ist deine Rolle im Vorstand?
Da ich selbst auch Studentin an der HWZ bin, habe ich ein offenes Ohr für Anliegen von anderen Studierenden. Zusätzlich helfe ich bei der Betreuung unserer LinkedIn Seite.
Welches gesellschaftliche Thema liegt dir am Herzen?
Nachhaltigkeit – etwas aufzubauen, das beständig ist und einen tatsächlichen Mehrwert aufweist – das halte ich für enorm relevant.
Wo siehst du dich in 5 – 10 Jahren?
Das ist eine schwierige Frage. Ich begeistere mich für vieles und kann mir dementsprechend verschiedene Wege vorstellen. Momentan würde ich nach meinem Bachelor gerne einen Master in Human Resources and Organisations an der London School of Economics machen und danach in die HR-Beratung gehen.
Eine Woche alleine auf einer Insel ohne Handy und Laptop. Würdest du das aushalten?
Ich hoffe doch. Das würde ich tatsächlich sehr gerne ausprobieren – für mich klingt das nach einem Traumurlaub
Ich heisse Thomas Hübner und studierte 2008 – 2010 an der HWZ in Zürich. Es war ein berufsbegleitendes Studium in Englischer Sprache (Master – MBA / Double Degree). Wir hatten einen super Mix in der Klasse, sehr kompetente Dozenten und das Programm war sehr lehrreich. Ich lernte tolle Menschen kennen und der Austausch mit ihnen war sehr inspirierend.
Was hat dich dazu bewegt, im Vorstand der alumni HWZ tätig zu werden?
Ich bin schon länger berufstätig und möchte meine Erfahrung und Wissen weitergeben. Klingt vielleicht etwas banal, aber ich denke, dass ich jungen Menschen doch den einen oder anderen Hinweis geben könnte
Was denkst du, wenn du deinen akademischen Werdegang reflektierst? Was würdest du gleich machen und was anders?
Ich würde die Matura nicht mehr machen und direkt an einer FH studieren.
Gibt es etwas, was du in den nächsten 5 Jahren unbedingt erleben möchtest?
Ja. Da gibt es einiges. Zum Beispiel möchte ich als Hobby-Tänzer an einem regulären Tanzturnier teilnehmen. Mit allem, was dazugehört. Live Orchester, schöner Anzug, Startnummer auf dem Rücken und einer Partnerin in einem traumhaften Outfit.
Was bringt dich zum Lachen?
Vieles. Lustige Filme. Theater. Wir besuchen in der Gruppe (Freunde des Theaters) regelmässig Stücke in der Region. Meist Komödien. Köstlich. Ich kann aber auch gut über mich selber lachen. Wenn ich auf dem Schlauch stehe oder es einfach nicht checke…